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Drang- plus Belastungsinkontinenz

Mischinkontinenz: Wenn mehrere Formen der Blasenschwäche zusammenkommen

Plötzlicher Harndrang und Urinverlust beim Lachen? Dann handelt es sich wahrscheinlich um eine Mischinkontinenz, bei der verschiedene Formen von Blasenschwäche aufeinandertreffen. Das beeinflusst auch die Therapie.

Älteres Paar lacht

Die Mischung macht's. Das gilt auch für den Fall, dass Belastungs- und Dranginkontinenz zusammenkommen. Die Betroffenen verlieren beim Husten, Lachen oder schwerem Heben unbeabsichtigt Urin und haben zugleich einen vermehrten, kaum zu unterdrückenden Harndrang.

Harninkontinenz: Welche Formen gibt es?

Mischinkontinenz: Belastungsinkontinenz trifft Dranginkontinenz

Wenn Belastungs- und Dranginkontinenz zusammen auftreten, sprechen Mediziner von Mischinkontinenz. An dieser Kombination leidet etwa ein Drittel aller Frauen mit Blasenschwäche. Die Wahrscheinlichkeit, eine Mischinkontinenz zu entwickeln, steigt mit dem Alter.

Bei einer Belastungsinkontinenz spielt ein schwacher Beckenboden eine große Rolle. Der Beckenboden sei ein komplexes System, betont Dr. Hagen Loertzer, Leitender Oberarzt der Urologie an der Universitätsklinik Göttingen. Knochen, Muskeln, Bänder und Sehnen, Nerven und Blutgefäße, der Darmausgang, die Genitalien und der Blasenausgang seien auf engstem Raum angeordnet. Deshalb "wirken sich Störungen von nur einem Organ oder Organsystem oftmals auf die übrigen Systeme aus", erklärt der Urologe. Demgegenüber sind die Ursachen für eine Dranginkontinenz bis heute nicht ganz genau geklärt.

Meistens ist bei einer Mischinkontinenz eine der beiden Formen stärker ausgeprägt als die andere. Dann müsse erst die dominierende Form behandelt werden, sagt Loertzer. Voraussetzung dafür ist eine detaillierte Diagnostik durch einen Urologen.

Ohne genaue Diagnose keine erfolgreiche Therapie

Etliche Patientinnen und Patienten haben schon einen langen Leidensweg hinter sich, bis sie bei Loertzer in der Uniklinik landen. Denn vielen Hausärzte, denen sich inkontinente Menschen meist als erstes anvertrauen, fehlt bei komplizierteren Fällen die Möglichkeit zu einer genauen Diagnostik. Diese Erfahrung lehrt, dass Betroffene ihrem Hausarzt gegenüber bei anhaltenden Beschwerden auf einer Überweisung zum Facharzt bestehen sollten. Denn ohne eine Urodynamik gehe es dann nicht, betont Loertzer. Bei dieser Methode misst der Arzt den Blasendruck in verschiedenen Situationen. Ein Computer wandelt die gewonnenen Daten danach in Druckkurven um. An denen kann der Facharzt erkennen, welche Form der Inkontinenz vorliegt.

Beckenbodenübungen zum Mitmachen

Mischinkontinenz behandeln: Vom Blasen- und Beckenbodentraining bis zur Operation

Oft dominiert der plötzliche Harndrang bei einer Mischinkontinenz. Um die dafür verantwortliche Dranginkontinenz zu lindern, kommen zunächst Verhaltensänderungen in Betracht – zum Beispiel gleichmäßiger über den Tag verteilt trinken und zwei Stunden vor dem Schlafengehen auf Getränke verzichten. Ärzte empfehlen dazu das Führen eines Miktionstagebuchs, in dem der Betroffene seine Trinkmengen und Toilettengänge notiert. Der Patient sollte einen Monat lang zweimal pro Woche ein Miktionstagebuch führen. Die Ergebnisse seien meist genauer, als wenn er sieben Tage hintereinander Protokoll führt, hat Urologe Loertzer festgestellt. Denn sieben Tage am Stück alles ins Miktionstagebuch eintragen, das halten viele Menschen nicht durch und beginnen zu schätzen und schummeln. Zusätzlich kann ein Blasentraining sinnvoll sein. Bei diesem lernen Betroffene, ihren Harndrang bewusst zu unterdrücken und die Zeit zwischen den Toilettengängen zu verlängern.

Als Medikamente gegen Dranginkontinenz setzen Ärzte Anticholinergika ein. Sie senken die starke Aktivität der Blasenmuskulatur und erhöhen das Fassungsvermögen der Blase. Dadurch müssen Betroffene nicht mehr so oft zur Toilette gehen. Falls Anticholinergika nicht zum Erfolg führen, kann unter Umständen eine Injektion von Botulinumtoxin A eine Besserung bringen.

Bei einer Belastungsinkontinenz wird zunächst versucht, den Beckenboden zu entlasten und zu stärken. Das lässt sich durch Gewichtsabnahme, Beckenbodentraining, Elektrostimulation und Vaginalkonen. In schweren Fällen kann eine Operation sinnvoll sein, bei der beispielsweise ein Band als Stütze eingesetzt wird. Vor einem solchen Eingriff müsse aber immer erst die Dranginkontinenz behandelt sein, sagte Loertzer auf dem 1. Interdisziplinären Beckenbodenkongress.

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