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Hoher Leidensdruck

Einnässen bei Kindern: Nur selten psychische Ursachen

Dass "die Blase weint", wenn Kinder nicht trocken werden, ist ein weit verbreitetes Urteil. Allerdings ist Einnässen bei Kindern nur selten psychisch bedingt. Warum kinderpsychologische Hilfe trotzdem ratsam ist.

Einnässen bei Kindern: Schlechtes Selbstwertgefühl
© Getty Images/skynesher

In der Regel ist eine Reifeverzögerung für das Einnässen bei Kindern verantwortlich. Doch wenn Kinder im Alter von sechs oder älter noch einnässen, hat das auch immer eine psychologische Dimension: Kinder leiden unter dem Nassmachen.  In Interviews gaben 70 Prozent der Jungen und Mädchen an, dass ihnen Einnässen Nachteile einbringe, berichtet Alexander von Gontard vom Berufsverband der Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Deutschland.

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Die Kinder schämen sich, sind verärgert, fühlen sich ausgeschlossen und anders als ihre Altersgenossen. Sie finden, dass sich das nasse Bett unangenehm anfühlt und leiden unter den direkten Konsequenzen wie duschen müssen oder Bestrafungen. Eine erfolgreiche Behandlung könne viele dieser Selbstwertprobleme zurückbilden, meint Professor Gontard. Das Einholen kinderpsychologischer Hilfe kann somit sinnvoll sein.

Einnässende Kinder meist ohne Verhaltensauffälligkeiten

Stellen Eltern neben einem geminderten Selbstwertgefühl weitere auffällige Verhaltensmuster an ihren Kindern fest, rät Gontard, sich dringend an einen Kinderpsychiater, -psychologen oder -arzt mit entsprechender Zusatzausbildung zu wenden. Insgesamt wiesen einnässende Mädchen und Jungen zwei bis vier Mal so häufig Verhaltensauffälligkeiten auf, berichtet der Experte: "Dies bedeutet aber auch, dass die meisten einnässenden Kinder nicht verhaltensauffällig sind." Übermäßig betroffen sind jedoch Kinder, die an einer hyperaktiven Störung wie dem ADS-Syndrom leiden.

Macht sich ein Kind nach einer sechsmonatigen Trockenphase wieder nass, so liegt der Verdacht nahe, dass irgendetwas das Kind verwirrt. Eine so genannte sekundäre Enuresis werde am häufigsten durch die Geburt eines Geschwisterkindes, durch die Trennung der Eltern oder durch die Einschulung ausgelöst, sagt Psychologie-Professor Günter Esser. In solchen Fällen zeige sich oft: Die Kinder haben die Blasenkontrolle meist nicht so leicht erlernt wie andere.

"Kommt zu dieser potenziellen Schwäche eine Anspannung und Aufregung hinzu, verlernen sie das Trockensein wieder." Es gelte allerdings zu unterscheiden, ob ein Kind tagsüber oder nachts ins Höschen macht. Esser: "Wenn es nur am Tage einnässt, hat das immer auch etwas mit oppositionellem Verhalten zu tun. Jemand, der nachts trocken sein kann, hat keinen Grund, am Tag einzunässen." Dabei handle es sich nicht immer um Trotz. Das Kind kann gedanklich oder körperlich in eine Tätigkeit vertieft sein und sich dagegen wehren, dass es gerade jetzt zur Toilette muss. Es gäbe auch Kinder, die sich falsches Urinieren angewöhnt haben. Sie müssten mittels Biofeedback richtiges An- und Entspannen der betreffenden Muskeln lernen, berichtet der Psychologe.

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