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Chronisch einnässende Kinder

Kontinenztraining: Blasenschulung in Kleingruppen erfolgreich gegen Bettnässen

Viele Grundschulkinder machen noch ins Bett, manchen geht auch tagsüber mal was die Hose. Ein Kontinenztraining für die betroffenen Kinder und ihre Eltern kann helfen, das zu ändern.

Gruppe von fröhlichen Kindern

Das nächtliche Einnässen (Enuresis) ist bei Kindern ein häufiges Phänomen. So sind etwa fünfzehn Prozent der Fünfjährigen vom nächtlichen Einnässen betroffen, bei den Jugendlichen sind es ungefähr ein bis zwei Prozent. Aber auch das Einnässen am Tag – bedingt durch kindliche Harninkontinenz – ist keine Seltenheit. Eine Harninkontinenz kommt bei zwei bis drei Prozent der sieben Jahre alten Kinder und bei einem Prozent der Jugendlichen vor.

Um einnässenden Kindern und ihren Familien besser helfen zu können, haben Mediziner und Therapeuten eine Kontinenzschulung entwickelt. Sie richtet sich an Kinder, bei denen der Arzt eine funktionelle Harninkontinenz diagnostiziert hat. Das Training soll den Sprösslingen und ihren Eltern vermitteln, dass sie nicht alleine sind mit dem Problem Einnässen.

Blasenschulung: Einnässen spielerisch in den Griff bekommen

Die Kinder lernen zum Beispiel an Hand eines "Spurenbuchs" mit der gezeichneten Figur "Inspektor Uri" den Gang zur Toilette zu steuern, indem sie in das Buch schreiben, wann sie wie viel trinken und wann sie zur Toilette müssen. Denn auch Kinder, die ihre Blase aus organischen Gründen nicht zu kontrollieren vermögen, können sich angewöhnen, regelmäßig nach dem Trinken auf Toilette zu gehen, sagen die Experten, die die Schulung entwickelt haben. Die Eltern trainieren in der Schulung den Umgang mit ihren einnässenden Kindern. Das soll Konflikte wegen des Nassmachens vermindern und die Familie entlasten.

Die Kontinenzschulung richtet sich vor allem an Kinder von sieben bis zwölf Jahre und ihre Eltern. Jugendliche ab dem 12. Lebensjahr können auch ohne ihre Eltern teilnehmen. Die Schulung findet jeweils in einer reinen Mädchen- oder Jungengruppe mit zwei bis sechs Kindern oder Jugendlichen statt.

Das Schulungsteam besteht aus Fachleuten, die aus verschiedenen Berufsgruppen kommen – darunter ein Arzt, ein Psychologe oder Pädagoge, ein Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, ein Physiotherapeut oder ein Ergotherapeut. Um die Kontinenzschulung anbieten zu dürfen, muss mindestens einer aus dem Schulungsteam ein Trainerzertifikat der Konsensusgruppe Kontinenzschulung (KgKS) besitzen und aktiv an der Schulung teilnehmen.

Eine erste Übersicht über Kliniken und Kontinenzzentren, die Kontinenzschulungen für Kinder und Jugendliche mit funktioneller Harninkontinenz anbieten, findet sich im Internet unter www.kontinenzschulung.de.

Urotherapie meist in Einzelsitzungen

Hinter dem Kontinenztraining steht die Idee der Urotherapie. Sie umfasst alle nichtchirurgischen und nichtpharmakologischen Behandlungsansätze bei Harninkontinenz. Urotherapie zielt darauf ab, das Einnässen durch verändertes Verhalten in den Griff zu bekommen. Dazu zählen z.B. geänderte Gewohnheiten beim Trinken und Wasserlassen, aber auch Alarmsysteme gegen Bettnässen und Biofeedback. Zu den wesentlichen Bestandteilen der Urotherapie gehört jedoch, über die Entwicklung und Funktion der Harnblase und der Blasenentleerung zu informieren und sie zu entmystifizieren, sagt der Kinder- und Jugendmediziner Dr. Eberhard Kuwertz-Bröking.

Auch wenn diese Maßnahmen der Urotherapie, die meist in Einzelsitzungen abläuft, in der Regel bei Einnässen gute Erfolge erzielen können, besteht bei manchen einnässenden Kindern eine sogenannte Therapieresistenz. Die betroffenen Kinder leiden an chronischem Einnässen oder es  tritt erneut auf. Das kann das Alltagsleben der betroffenen Kinder deutlich beeinflussen, schließlich besteht hier in der Regel ein hoher Leidensdruck. Auch das Selbstwertgefühl kann beeinträchtigt sein, man will das Problem am liebsten unter den Teppich kehren. Das kann sich auch auf die Therapie auswirken: Denn das Kind zieht sich dann zurück und ist häufig an weiteren Behandlungen nicht interessiert.

Wie kann nun diesen Kindern geholfen werden? Ärzte vom Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg an der Saar überprüften die Wirksamkeit der Gruppenschulung. In ihre Studie hatten sie 19 Jungen und zwölf Mädchen im Alter zwischen sechs und 14 Jahren eingeschlossen, die bereits verschiedene Therapien erfolglos hinter sich hatten. Sie litten an Enuresis mit und ohne Einnässen tagsüber oder nur an Einnässen tagsüber. Bei zwölf Kindern trat zusätzlich Einkoten auf. Zudem zeigten die Kinder psychische Auffälligkeiten wie Aufmerksamkeits-, Verhaltens- oder emotionale Störungen.

Blasenschulung in kleinen Gruppen erfolgreicher

Die kleinen Patienten nahmen an einer Blasenschulung in Kleingruppen von drei bis vier Kindern gleichen Alters und Geschlechts teil. Die Schulung bestand aus sechswöchentlichen Treffen, die anderthalb Stunden dauerten und sich aus sechs Einheiten zusammensetzte. Themen waren unter anderem Anatomie der Harnorgane, Stressverarbeitung, Gefühlserleben, Trink- und Toilettenschulung oder Entspannungsübungen. Zum Beispiel durch Hausaufgaben der Kinder waren auch die Eltern aktiv an der Therapie beteiligt. Die Eltern füllten vor und drei Monate nach der Schulung Fragebögen zum Einnässen und zur Psyche ihres Nachwuchses aus.

Fazit: Gemeinsam geht es leichter

Am Ende hatte sich das nächtliche Einnässen bei zehn der davon betroffenen 23 Kinder deutlich gebessert oder sie waren geheilt. Von 25 Kindern mit Einnässen tagsüber reduzierte sich das Einnässen bei zwölf Kindern deutlich oder ging nahezu komplett zurück. Das Einkoten sank erheblich bzw. verschwand bei sechs der zwölf betroffenen Kinder. Weiterhin stellten die Eltern fest, dass sich die psychischen Auffälligkeiten (wie sozialer Rückzug oder ängstlich-depressive Stimmung) bei ihrem Nachwuchs teilweise deutlich besserten. Weiterhin waren die meisten Eltern mit der Behandlung zufrieden.

Insgesamt, so das Fazit der Autoren, kann die Blasenschulung in Kleingruppen bei Kindern mit therapieresistentem Einnässen nachts und/oder tagsüber das Einnässen zumindest reduzieren und auch psychische Begleiterscheinungen verbessern.

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