Die junge Mutter ist verunsichert: Der Kinderarzt glaubt, dass ihr elfjähriger Sohn an einer Giggle-Inkontinenz leidet. Doch können Jungen diese Art der Blasenschwäche überhaupt bekommen, fragt sie sich. Ja, sie können. Hauptsächlich tritt Giggle-Inkontinenz aber bei Mädchen im Alter zwischen acht und zwölf Jahren auf, weiß die Urologin Professor Daniela Schultz-Lampel.
Entstehung von Lach-Inkontinenz nicht genau geklärt
Bei einer Giggle-Inkontinenz entleert sich beim Lachen die Blase. Daher auch der Name dieser Form von Einnässen: "Giggle" kommt aus dem Englischen und bedeutet "kichern". Die Lach-Inkontinenz ist eine Sonderform der überaktiven Blase bei Kindern. Sie entsteht dadurch, dass die Steuerung der Blasenkontrolle noch nicht ausgereift ist, erklärt Schultz-Lampel. Daher sei die Blase noch so ungehemmt wie bei einem Kleinkind. Die genauen Hintergründe der Giggle-Inkontinenz sind noch unklar. Eine Veranlagung dazu scheint sich aber zu vererben: Urologen beobachten, dass es oft mehrere Fälle von Giggle-Inkontinenz innerhalb einer Familie gibt.
Beckenbodentraining und Medikamente helfen bei Giggle-Inkontinenz
In der Regel legt sich eine Giggle-Inkontinenz in der Pubertät von selbst. Doch Abwarten empfiehlt sich nicht immer. Wenn ein Kind einnässt, kann sich das zu einer großen Belastung auswachsen – wenn es sich zum Beispiel schämt oder Schulkameraden das Kind deswegen hänseln. Auch für die Eltern ist es oft eine sorgenvolle Zeit. "Ich habe schon immer Angst, wenn es lustig wird", berichtet eine Mutter. Nun stehe die erste Klassenfahrt an und sie "habe jetzt schon schlaflose Nächte, wie wir das alles bewerkstelligen sollen."
Professor Ralf Tunn rät daher zu einer Behandlung. "Wir empfehlen ein Beckenbodentraining, um die Koordination der Muskeln zu schulen", sagt der Urologe und Koordinator des Deutschen Beckenbodenzentrums am St. Hedwig Krankenhaus in Berlin. "Aus Untersuchungen wissen wir, dass rund 30 Prozent aller jungen Mädchen kein Bewusstsein für ihren Beckenboden haben und ihn nicht anspannen können." Kein Wunder, meint Tunn. Das habe ihnen nie jemand beigebracht.
Falls das Trainieren des Beckenbodens nicht ausreiche, um eine Giggle-Inkontinenz in den Griff zu kriegen, könne ein Arzt zusätzlich ein Medikament gegen Dranginkontinenz verschreiben, ein sogenanntes Anticholinergikum, sagt Tunn.
Botox bessert Giggle-Inkontinez bei erwachsener Frau
Nicht immer vergeht eine Giggle-Inkontinenz, wenn das betroffene Kind älter wird. So berichtet eine 32-Jährige im Lifeline-Forum, dass es ihr immer noch so ergeht: "Jedes Mal, wenn ich intensiv lache, mache ich mir in die Hose. Sobald das Wasser anfängt zu laufen, kann ich es nicht mehr einhalten und somit entleert sich meine Blase dann unwillkürlich komplett, ohne dass ich etwas dagegen tun kann."
Genauso erging es einer 20-jährigen Frau. Sie verlor Urin beim Lachen, seit sie denken konnte, sagt sie. Das passierte etwa fünfmal in der Woche, manchmal aber auch bis zu dreimal am Tag. Schließlich wandte sie sich an die Universitätsklinik Schleswig-Holstein in Kiel. In der urodynamischen Messung stellten die Urologen eine überaktive Blasenüberaktivität beim Lachen fest, die den Urinverlust auslöst.
Anfangs ließ sich die Giggle-Inkontinenz mit einem Anticholinergikum lindern, doch dessen Wirkung ließ nach einigen Monaten deutlich nach, berichten Björn Wefer und seine Kollegen. Erst als die Ärzte Botulinumtoxin A (Botox) in den Blasenmuskel spritzten, verschwanden die Beschwerden. Auch bei starkem Lachen nässte die Frau nicht mehr ein. Die Botoxspritze bewirkt, dass der Blasendruck sinkt und die maximale Kapazität des Organs deutlich steigt. Die Wirkung halte bis zu einem Jahr an, berichten die Kieler Urologen. Seit 2013 ist diese Behandlung auch in Deutschland zugelassen.