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Hilfe bei Inkontinenz

Beckenbodentraining auch für Männer wichtig

Beckenbodentraining ist nicht nur für Frauen sinnvoll. Auch Männer profitieren von einer Stärkung des Beckenbodens: Es beugt Erektionsstörungen und Inkontinenz nach einer Prostata-OP vor.

Älterer Mann trainiert zuhause
© Getty Images/Drazen Zigic

Der Beckenboden von Männern wird zwar weniger beansprucht und ist anatomisch anders gestaltet als bei Frauen. Doch eine schlechte Haltung, Übergewicht und übermäßiges Sitzen schwächen auch den männlichen Beckenboden. Viele Männer erfahren erst nach einer Prostata-Operation, dass sie einen Beckenboden besitzen: Belastungsinkontinenz beim Lachen, Husten oder Tragen schwerer Lasten ist eine häufige Folge, da während der OP ein Teil des inneren Blasenschließmuskels durchtrennt wird.

Doch der unfreiwillige Urinabgang lässt sich verhindern, da der äußere Blasenschließmuskel die Funktion des inneren Schließmuskels ersetzen kann. Dazu sollte regelmäßiges Beckenbodentraining bei Männern auf dem Programm stehen.

Artikelinhalte im Überblick:

Beckenbodentraining: Sechs Übungen bei Harninkontinenz

Beckenbodentraining fördert die Potenz

Es gibt weitere gute Gründe für Beckenbodentraining von Männern. Denn regelmäßiges Training wirkt gegen eine Vergrößerung der Prostata und Erektionsstörungen. Professor Frank Sommer, Urologe und Arzt für Männergesundheit, untersuchte die Wirkung von Muskeltraining auf die Potenz. Das Ergebnis: Beckenbodentraining fördert die Durchblutung im Penis. Die Übungen können Potenzproblemen vorbeugen oder sie beheben.

Beckenbodentraining macht Männer meist beschwerdefrei

In der Regel lässt sich der Urinabgang nach einer Prostata-OP durch konsequentes Beckenbodentraining des Mannes vollständig beheben. Eine belgische Studie an der Universitätsklinik in Leuven konnte die guten Erfolgschancen zeigen. Demnach senkt Beckenbodentraining beim Mann gegenüber einer Scheinbehandlung die Dauer und das Ausmaß der Inkontinenz deutlich. Nach drei Monaten waren 88 Prozent der Patienten wieder kontinent, in der Kontrollgruppe lediglich 56 Prozent. Nach einem Jahr verloren 95 Prozent der Patienten keinen Harn mehr, in der Kontrollgruppe waren es 81 Prozent.

Den Beckenboden erkunden

Am Anfang des Beckenbodentrainings steht vor allem eine Frage: Wo befindet sich der Beckenboden überhaupt? Um ein Gefühl für die Beckenbodenmuskulatur zu bekommen und sie mit der Zeit zu stärken, helfen zwei Übungen:

  • Beckenbodenübung 1: Um das Muskelgeflecht zu lokalisieren, legt man sich entspannt und bequem auf den Rücken. Die Anspannung der Beckenbodenmuskulatur lässt sich am besten am Damm, zwischen Hodensack und After, ertasten. Versuchen Sie nun, Hoden und After anzunähern.

  • Beckenbodenübung 2: Richten Sie unter der Dusche den hautwarmen, mittelkräftig eingestellten Wasserstrahl auf den Damm. Massieren Sie die kleine Stelle mit kleinen Kreisbewegungen. Versuchen Sie, den Damm, der eine hochpotente Kreuz- und Querverstrebung aller Beckenbodenmuskeln ist, in den Körper zu ziehen, in rhythmischen kleinen Pulsen", rät Benita Cantieni, Autorin des Buches "Tiger Feeling – Das sinnliche Beckenboden-Training für sie und ihn". Den Anus dabei entspannt halten. Diese effektive Übung lässt sich problemlos beim Duschen einbauen.

Weitere Beckenbodenübungen – für Frauen und Männer – finden Sie hier.

Indirektes Beckenbodentraining im Alltag

Der Berliner Physiotherapeut Markus Martin setzt auf indirektes Training des Beckenbodens. Inkontinenz nach einer Prostataentfernung oder Erektionsstörungen lassen sich auch per Haltungskorrektur in den Griff bekommen. Ein höherer Druck auf den Bauch trainiert nämlich automatisch den Beckenboden.

Tipp für den Alltag: Achten Sie beim Sitzen auf eine aufrechte Haltung des Oberkörpers. "Die Belastung sollte dabei vorne liegen", rät Martin.

Tipp für den Notfall: Patienten mit Dranginkontinenz können starken Harndrang unterdrücken, indem sie den Oberkörper aus der Hüfte heraus nach vorn beugen. Die Harnröhre kippt dadurch ab, der Blasenimpuls wird gebremst.

Beckenbodentraining behebt bei manchen Männern schon nach drei Wochen die Inkontinenz nach einer Prostata-OP, bei anderen dauert es bis zu einem Jahr. Entscheidend ist, wie oft man trainiert. Martin empfiehlt, dreimal täglich konzentriert zu üben. Das kann für Außenstehende ganz unbemerkt geschehen, zum Beispiel im Büro oder beim Warten an der Bushaltestelle.

Biofeedback und Elektrostimulation können Beckenbodenübungen unterstützen

Das Beckenbodentraining kann durch Biofeedback unterstützt werden. Dabei misst ein Gerät die jeweilige Muskelanspannung und teilt sie dem Patienten über eine Leuchtanzeige oder ein Signal mit. Das ermöglicht ein feinfühliges Üben, das die Muskulatur weder über- noch unterfordert.

Der Schließmuskel lässt sich auch durch Elektrostimulation trainieren. Anders als beim Biofeedback muss der Betroffene dabei selbst nichts tun. Vielmehr bringen schwache Stromimpulse den Muskel zum Anspannen. Dazu wird eine Sonde in den After eingeführt. Wie die Elektrostimulation genau wirkt, ist noch nicht geklärt. Jedenfalls stärkt dieses automatische Beckenbodentraining die Muskulatur, steigert den Muskeltonus und verbessert die Kontraktionsfähigkeit des Beckenbodens. Eine Trainingseinheit dauert 20 bis 30 Minuten. Bei regelmäßiger Anwendung zweimal pro Tag werden nach rund sechs Monaten häufig Erfolgsraten von fast 90 Prozent erzielt, berichtet der Verein Inkontinenz-Selbsthilfe.

Sollten Sie nicht sicher sein, ob Sie Ihren Beckenboden wirklich spüren oder das Training richtig ausführen, halten Sie bitte Rücksprache mit Ihrem Arzt oder einem erfahrenen Physiotherapeuten.

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